Am 27.02.2015 durfte das Gocher Gymnasium die Holocaust-Überlebende Frau Eva Weyl als Gast begrüßen. Die Familie Weyl wohnte einst in Kleve, wo Evas Großeltern ein Kaufhaus besaßen, das an der Stelle stand, an der sich heute der Kaufhof befindet. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und unter Erfahrung der immer stärker werdenden Diskriminierung jüdischer Mitbürger durch die NS-Diktatur gelang es ihrer jüdischen Familie unter Zurücklassung fast sämtlicher Besitztümer aus Kleve in die Niederlande zu flüchten, wo sie sich in Sicherheit wähnte. Hier wurde auch Frau Weyl geboren.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung der Niederlande im Jahr 1940 wurde die Familie Weyl im Jahr 1942 im Konzentrationslager Westerbork (NL) interniert, von wo zahlreiche Züge in Vernichtungslager wie Auschwitz, Sobibor oder Bergen-Belsen abgingen. Nur glücklichen Zufällen und der Tatsache, dass ihr Vater einen Posten in der Lagerverwaltung einnehmen konnte, ist es zu verdanken, dass Eva Weyl der Ermordung durch die Nationalsozialisten entging.
Auf Einladung der Fachschaft Geschichte besuchte Frau Weyl nun das Städtische Gymnasium Goch und hielt vor den Schülerinnen und Schülern der versammelten Jahrgangsstufe 9 einen bewegenden Vortrag, in dem sie nicht nur ihre persönliche Familiengeschichte darstellte, sondern lebendige und lebhafte Erinnerungen an die Situation und die Empfindungen eines Kindes in einem nationalsozialistischen Durchgangslager vermittelte.
„Seit nun sieben Jahren referiere ich ehrenamtlich im Auftrag des Erinnerungszentrums Lager Westerbork", erklärte sie dabei den Schülerinnen und Schülern. „Ich bin da, damit ihr nicht vergesst, was geschehen ist. Ihr müsst aber nichts auf euch persönlich beziehen, was ich sage. Ihr seid an nichts schuld, auch nicht eure Eltern".
Den gebannt lauschenden Zuhörern zeigte sie während ihres fast zweistündigen Vortrages zahlreiche Fotografien und Kurzfilme, die immer wieder durch starke Gegensätze aufrüttelten, wie etwa die Bilder vom „Familien- und Zusammenleben" im Lager Westerbork, in dem die Fassade eines möglichst „normalen Alltags" über die grausame Wahrheit hinwegtäuschen sollte, welche stark mit den verstörenden , aber wichtigen, Aufnahmen aus den Vernichtungslagern kontrastierten, in denen das Leben von (mindestens) 107.000 Menschen vernichtet wurde, die allein aus dem Lager Westerbork deportiert wurden. Somit wurden die Schülerinnen und Schüler zu unmittelbaren Zeitzeugen des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte.
Frau Weyl richtete am Ende ihres Vortrages den leidenschaftlichen Appell an ihre jungen Zuhörer, „nicht wegzusehen", sondern „sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch offen zu vertreten".
In einer abschließenden Fragerunde beantwortete Frau Weyl noch geduldig die zahlreichen Fragen der sichtlich bewegten Schülerinnen und Schüler.
An dieser Stelle sei Frau Weyl nochmals dafür gedankt, sich so engagiert und offen den Schülerinnen und Schülern zu stellen. Ihr Vortrag hat unser Bewusstsein nachhaltig verändert und sicher für viele Denkanstöße gesorgt.